Erläuterung der Wappenteile

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August Freiherr von Berlepsch (1815-1877)

Eine der großen Imkerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts,
siehe auch: www.uni-weimar.de/bienenmuseum/imker.html

 

Die Biene und ihre Zucht in beweglichen Waben
in Gegenden ohne Spätsommertracht.

Der folgende Text ist ein Auszug (nämlich die Einleitung) aus seinem gleichnamigen Werk, 3. Auflage 1873. Der dann folgende fachliche Teil sprengt den Rahmen einer Homepage. Das Buch kann bei leistungsfähigen Bibliotheken ausgeliehen werden.
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Plus habet operis quam ostentationis. (Quint. 1. 4. 5.)
Vor allem lernt Theorie, sonst bleibt ihr praktische Stümper ein Leben lang.
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Mein Imkerleben.

1. Der Anfang meiner Liebe für die Bienen verliert sich in frühehester Kindheit und nur so viel weiß ich noch, daß ich ganz kleiner Knabe nichts lieber that, als dem mich beaufsichtigenden Dienstmädchen zu entwischen und zu Nachbar Gottlob Richters Bienen zu laufen. Kam die holde Magd nach, um mich zurückzuholen, so stellte ich mich mitten in den Flug der Bienen und rief ihr höhnend zu: "krieg mich doch, krieg mich doch!" Am 28. Juni 1822, meinem 7. Geburtstage, kaufte mir mein Vater den ersten Bienenstock von dem damals renommiertesten Imker der heimatlichen Gegend, dem Bauer Jacob Schulze in dem nachbarlichen Orte Langensalza. Dieser Mann nahm mich von jetzt an in Unterricht, und da ich, 10 Jahre alt, dem gelehrten Pfarrer Wenck in dem ganz nahe belegenen Dorfe Heroldshausen zur Erziehung übergeben wurde, war ich bereits Besitzer von 4 Stöcken. 2 wanderten mit nach Heroldshausen, 2 blieben auf dem väterlichen Rittergute Seebach zurück (Anmerkung: 1945 von den Russen enteignet und 1997 von der Bundesrepublik Deutschland erneut enteignet), damit ich auch Sonntags, wo ich regelmäßig daheim war, Bienen hatte. Zu Ostern 1828 kam ich auf das, unter dem berühmten Lateiner und Horazinterpreten Döring damals so blühende Gymnasium zu Gotha.

2. Mein zu jener Zeit noch lebender Großvater, der Baron Gottlob von Berlepsch, war ein Gymnasial- und Universitätscoätan Dörings und ließ es sich nicht nehmen, mich seinem alten Jugendfreunde zuzuführen. Nun war aber Döring ein nicht minder enthusiastischer Imker als Philologe, und als ihm der Großvater sagte, "sein Enkelchen leibe und lebe für die Bienen und könne trefflich mit ihnen fertig werden" bestand der liebenswürdige 72-jährige Greis darauf, daß meine Bienen nach Gotha übersiedelt und mit in seinem Schauer aufgestellt würden. So wanderten 6 Körbe nach Gotha und ich wurde Dörings "Bienenfänger", wie der joviale Mann mich sogar in der Klasse nannte, weil ich ihm die Schwärme von den höchsten Bäumen herunterholte.

Herrliche Stunden habe ich mit dem alten guten Döring in dessen Bienenhause verlebt, und er hat mich daselbst das ganze 4.Buch der Georgica Virgils sermone latino erklärt: allerdings linguistisch besser als apistisch.

3. Als Student der Philologie und Rechtswissenschaften auf den Universitäten Halle, Bonn und Leipzig hatte ich immer einige Bienenstöcke vor den Fenstern stehen und in Greifswald übergab mir Professor der Botanik, Hornschuh, die Aufsicht über seinen kleinen, im botanischen Garten befindlichen Bienenstand. Und hier war es, wo ich zum ersten male eine heimkehrende Königin mit dem Begattungszeichen sah; freilich wußte weder ich noch Hornschuh, dem ich von dem Beobachteten Mitteilung machte, was es war. Wir glaubten Beide, die Königin sei durch irgend ein widriges Begegnis verletzt worden und bangten um den Stock, der sich natürlich des besten Wohlseins weiter erfreute.

4. 1836 bis 1838 war ich Referendar am Land- und Stadtgerichte zu Mühlhausen in Thüringen und besaß daselbst einen kleinen und auf dem nahen väterlichen Gute einen größeren Stand. Bald war mir jedoch die practische Juristerei ihres geistlosen Formenkrames wegen auf's Äußerste zuwider; ich quittierte und ging nach dem deutschen Athen, dem herrlichen München. In der Theresienstraße wohnend, ließ ich Bienen aus den Fenstern meines Schlafzimmers fliegen. Als mir aber, trotz aller Aufmerksamkeit, im Juni 1840 ein Korb schwärmte, der Schwarm sich in der Ludwigsstraße zog und dort an einer Droschke anlegte, wurde mir von Polizei wegen unter Strafandrohung aufgegeben, meine Stöcke sofort wegzuschaffen.

(Anmerkung: Nach dem Staatsdienst studierte er zu München die katholische Theologie, empfing die erste Priesterweihe und veröffentlichte 1842 das damals geschätzte Werk Anthropologiae Christianae Dogmata, in dem er sich mit der Freiheit Marias von der Erbsünde beschäftigt.
Außerdem war er ein anerkannter und geschätzter Pomologe und betrieb in Seebach eine 15 Morgen große sehr leistungsfähige und vielseitige Obstbaumschule.)

5. Am 5.September 1841 starb mein Vater und schon Ende Oktober standen 100 Strohkörbe auf dem Rittergute Seebach.

Alle Bienenbücher, deren ich nur habhaft werden konnte, hatte ich bereits gelesen und namentlich aus Spitzner, Baron von Ehrenfels und Klopffleisch-Kürschner viel gelernt, das meißte jedoch verdankte ich dem obengenannten Jakob Schulze, einem höchst intelligenten Manne, der entschieden mehr wußte, als in den von mir gelesenen Büchern stand. Mit diesem Manne blieb ich von nun an bis zu seinem, am 12.Dezember 1854 erfolgten Tode im engsten und häufigsten Verkehr. Es verging in den 13 Jahren von 1841-1854 selten eine Woche, in welcher "Bienenschulze" nicht Seebach, der "Bienenbaron" (wie ich in meiner Heimat allgemein genannt werde) nicht in Langensalza war.

26 Jahre alt (1841) und Besitzer von 100 Stöcken wurde im großartigen Maßstabe geimkert, alles nur Ersinnliche in Scene gesetzt und probirt und dabei weder Kosten noch Mühe gespart. Auch Reisen, theils weithin, wurden nach allen Himmelsrichtungen im Interesse der Bienenzucht unternommen.

6. So kam das Jahr 1845, in welchem Dzierzon zuerst öffentlich auftrat, und die Bienenzeitung durch Barth und Schmid gegründet wurde.

Mit diesem gleichzeitigen Doppelereignisse trat ein Wendepunkt in der Imkerei ein; Die alte Zeit war abgeschlossen, die neue hatte begonnen, Dzierzon und Schmid (Barth war stets nur dem Namen nach bei der Redaction beteiligt) sind die beiden Männer, denen wir die ungeheueren Fortschritte verdanken, welche die Kenntniß der Bienen und deren Zucht in den letzten 23 Jahren gemacht hat.

Ersterer erfand den Stock mit beweglichen Waben und war so, unterstützt durch eine höchst seltene Beobachtungs- und Combinationsgabe, in den Stand gesetzt, die Geschlechtsverhältnisse und das sonstige seit Jahrtausenden in Dunkelheit verborgene Leben und Weben der Bienen zu entschleiern, Letzterer eröffnete in seiner Zeitschrift eine freie Arena, in welcher die Geister sich tummeln konnten.

7. Schon 1845 bei dem Auftreten Dzierzons und dem Erscheinen der Bienenzeitung hatte ich wohl unter allen lebenden Imkern die meisten Experimente gemacht, aber einestheils kannte ich bis dahin den Stock mit beweglichen Waben nicht, anderntheils geht mir der eminente Scharfsinn und die staunenerregende Observationsgabe Dzierzons ab. Meine Beobachtungen und Versuche setzte ich, durch den neuen Ansporn ermuntert, Mit doppeltem Eifer fort, hauptsächlich um die Dzierzonschen Lehrsätze nach allen Richtungen hin zu prüfen. Dabei hatte ich leider das Unglück, bis zum Jahre 1851 so elende Stöcke mit beweglichen Waben zu besitzen, daß meine Arbeiten vielfach verzögert, gehemmt oder gänzlich frustirt wurden, dagegen das Glück, 1848 in einem 15jährigen Jungen, Wilhelm Günther, dem jüngsten Sohn meines Gärtners, einen Gehilfen zu finden, der an Interesse, Ausdauer, Beobachtungsgabe und Scharfsinn dem berühmten Huberschen Gehilfen Burnens sicher in Nichts nachgab. Er stand mir in allem treu zur Seite und ich halte mich für verpflichtet, ihm, wie in der 1., so auch in der 2. Auflage öffentlich zu danken. Ohne ihn wäre sicher gar Manches in dem Werk nicht so, wie es ist.

8. Endlich nach siebenjährigem stillen Fleiße trat ich in den Jahrgängen der Bienenzeitung 1853 und 1854 mit meinen so berühmt gewordenen apistischen Briefen auf, in welchen ich, nun festen Boden unter den Füßen habend, die Dzierzonschen Fundamentalsätze in systematischer Folge scharf und klar exponirte und allenthalben mit experimentellen Beweisen belegte. Wie auf ein militärisches Commandowort war der neuen Lehre Dzierzons der Sieg errungen. Viele stimmten offen bei, viele schwiegen wenigstens, während Dzierzon selbst seit 1845 in zahllosen Artikeln der Bienenzeitung und in besondern Schriften für Anerkennung seiner Lehre vergebens gekämpft hatte. 

9. Der erste, der nun offen zur Dzierzonschen Fahne schwur, war Kleine. Er sagt in der Bienenzeitung 1854 S. 4 : "Von Berlepsch hat eine Reihe apistischer Briefe in der Bienenzeitung veröffentlicht, welche von allen Lesern derselben, die auch für die wissenschaftliche Seite der Bienenzucht ein höheres Interesse haben, als ein Ereignis von allergrößter Bedeutung begrüßt werden müssen. Ein neues System, welches über das geheimnißvolle Dunkel des Bienenlebens ein unerwartetes Licht ausgoß, war aufgestellt und rang nach Anerkennung. Mochte es diese auch vielfach finden, so war es doch nur eine im Stillen gegebene, Niemand trat offen und frei für dasselbe in die Schranken. Es waren so viele Vorurteile zu überwinden, es erhoben sich dagegen die Choragen der apistischen Wissenschaftler mit solcher Entschiedenheit und die tiefere Einsicht in die Naturwissenschaften unter den Imkern war eine so pia vis, daß eben die feste Zuversicht der Überzeugung, die gewandte Taktik und der entschlossene Muth Dzierzons dazu gehörte, um seine Sache in einem siebenjährigen Kampfe mit allerdings günstigem Erfolg aufrecht zu erhalten. Dennoch beruhte noch immer die Wahrheit seiner Behauptungen nur auf dem eigenen Zeugnis, dem man nicht allseitig Glauben schenkte, und seinen wissenschaftlich begründeten Grundsätzen räumte man nur die Bedeutung von Hypothesen ein. Da trat von Berlepsch mit dem unverdächtigen Zeugnisse auf die Seite des Alleinstehenden. Ein zweiter Oedipus trat er entschlossen der verhängnisvollen Sphinx entgegen, löste mit bewunderungswürdigem Scharfsinn deren verworrenste Räthsel und benahm uns den letzten Zweifel, den wir etwa noch gegen die neue Lehre herumtrugen."

Aber Kleine war nicht nur der Erste nach mir, der die neue Lehre anerkannte, sondern er leistete ihr auch dadurch die wesentlichsten Dienste, daß er als durchgebildeter Physiologe sie vom Standpunkte der exacten Naturwissenschaften beleuchtete und treffliche weitere Beweise beibrachte. Er war es, der die Bienenzucht zuerst über das Niveau der bloßen Empire erhob. Denn damals verstand Dzierzon wenig von Physiologie, ich gar nichts, ebenso herrschte unter allen übrigen Imkern eine völlige physiologische Finsterniß.

10. Schon vor meinem Auftreten in der Bienenzeitung hatte sich 1851 der berühmte Carl Theodor Ernst von Siebold, damals Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie zu Breslau, dermalen zu München, mit Dzierzon in Verbindung gesetzt "theils" wie er mir später schrieb "um sich selbst über das Leben der Bienen von ihrem größten Kenner der Gegenwart belehren zu lassen, theils um den Bienenzüchtern mit dem Mikroskope und exacten Wissenschaft zu Hülfe zu kommen". Auch hatte sich von Siebold herabgelassen, bei der 3. Wanderversammlung der deutschen Bienenwirthe zu Brieg 1852 das Vicepräsidium zu übernehmen. Dies ermuthigte mich, in der Bienenzeitung 1855 ein längeres Sendschreiben an von Siebold ergehen zu lassen, in welchem ich den einzigen noch hypothetischen Punkt in der Dzierzonischen Theorie, die Entstehung der Männchen durch Parthenogenesis mit empirischen Gründen bewies und von Siebold und alle Naturforscher laut um wissenschaftliche Hilfe anrief. Meine Stimme sollte nicht in der Wüste verhallen. Denn schon im Mai 1855 kam der nicht minder berühmte Professor Leuckart zu Gießen mit seinem großen Mikroskope zu mir nach Seebach und im August desselben Jahres auch von Siebold. Und letzterem gelang es, vom 21.-23. August, den wissenschaftlich-mikroskopischen Beweis der Richtigkeit der Dzierzonschen Hypothese in meinem Gartensalon zu führen und damit die gesamte Lehre von der Zeugung in ihren Grundfesten zu erschüttern. Siehe näheres im cap. VIII des Buches.

11. In den Jahren 1852 und 1853 hatte ich durch richtige Construction der Bienenpavillons und durch Erfindung der Rähmchen den beweglichen Stock mit beweglichen Waben bedeutend vervollkommnet und in Seebach einen Stand von über 100 Beuten beweglicher Waben hergestellt, wie ein solcher wohl größer, aber gewiß nicht besser bevölkert und ausgebaut gesehen worden ist. Ich will hier nur hersetzen, was von Siebold in der Parthenogenesis S. 110 schreibt: "Ueber das Bienenmaterial, welches sich mir in Seebach darbot, war ich aber wirklich erstaunt; denn es übertrafen die Massen der Bienencolonien sowohl wie die zweckmäßigen und zu den Beobachtungen jeder Art günstigen Einrichtungen derselben alle meine Erwartungen. Ich fand 104 zur Ueberwinterung bestimmte, von Honig und Bienen strotzende Dzierzonstöcke vor und zwar auf verschiedene Weise 8 Stellen innerhalb eines geräumigen Obstgartens vertheilt, von denen mich der schon oft in der Bienenzeitung besprochene 28 Völker enthaltende Pavillon besonders überraschte". Schaarenweise wallfahrteten in den Jahren 1854-1857 die Imker nach Seebach aus aller Herren Landen; selbst Russen, Franzosen, Schweden und Dänen erschienen. Auch blieben mehrere Personen Monate lang, um Bienenzucht bei mir gründlich zu erlernen, unter diesen z.B. der jetzige rheinisch-westfälische Bienenmeister Teckaus.

12. In der Bienenzeitung, wurden Theori und Praxis immer gründlicher entwickelt und immer mehr ausgezeichnete Männer erstanden diesem Blatte; von welchen ich aus dieser Periode nur Dönhoff, Vogel und Graf Stosch nennen will.

13. Trotz aller Beschäftigung mit den Bienen und den Wissenschaften, namentlich der Nationalöconomie und den übrigen Socialdoctrinen, die heute die Welt regieren, wurde mir doch das, alles wissenschaftlichen Verkehrs bare Leben auf einem kleinen Dorfe gemach dermaßen verleitet, daß ich 1858 mein großes Bienenetablissement Günther überließ und nach Gotha zog. Hier gründete ich in Gemeinschaft mit meinem alten Freund Kalb einen neuen, den Seebacher fast erreichenden Stand, setzte meine Forschung unermüdlich fort und erkannte, daß endlich die Zeit gekommen sei, das gesamte in der Bienenzeitung und sonst zerstreut vorliegende überreiche Material zu einem umfassenden Lehrbuche zu verarbeiten.

August Freiherr von Berlepsch (1815-1877)

August Freiherr von Berlepsch heiratete am 8. Januar 1867 die renommierte verwitwete Schriftstellerin Karoline (Lina) Künstle, geborene Welebil, und starb am 17.9.1877 in München.


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