Erläuterung der Wappenteile

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Hermann Alexander von Berlepsch  (1814 - 1883)

Verfechter für Demokratie, Publizist und Initiator der "Thüringer Volkstage" 1848.
Dramatische Flucht in die Schweiz und Begründer der Schweizer Berlepsch-Linie.
Verfasser des Standardwerkes "Die Alpen in Natur- und Lebensbildern" (1861).
Redakteur der Meyer's Reisebücher, -Führer, -Wegweiser und andere.

Folgender Text ist ein Auszug aus "Hermann Alexander von Berlepsch, von seiner Flucht aus Erfurt im Jahre 1848 bis zur Einbürgerung in Graubünden 1851" von Ursula und Dr. Klaus von Berlepsch/ Riehen/ Schweiz (2001).

Hermann Alexander wurde am 17. März 1814 in Göttingen geboren und daselbst evangelisch getauft. 1818 kam er nach Erfurt wo er dann das Gymnasium und die Handelsschule besuchte. Aus meiner Jugendzeit, schreibt Hermann Alexander später (1870) selbst, kann ich nur versichern, daß ich nie ein sogenannter "guter Schüler" war, sondern ein recht ausgelassener böser Bube, aus dem "niemals etwas rechtes werde". Klettern, Turnen (damals heimlich als Jahn'sche Demagogenkunst getrieben), Schwimmen, später Fechten war mir hundertmal lieber als die schönste Ciceronianische Rede. Am meisten hatte mich Geographie und Naturwissenschaften interessiert und daneben leidenschaftliches Wandern und umherstreifen im nahegelegenen Thüringer Wald. Manch toller Streich brachte meine Lehrer und meine Mutter zur Verzweiflung. Mir ging angeblich jegliches Verständnis für Subordinationsverhältnisse ab und war somit ungeeignet für eine Staatscarrière. Man wählte hin und her und beschloß schließlich einen Buchhändler aus mir zu machen, was ich absolvierte.

Als 20-jähriger leistete Hermann Alexander 2 Jahre lang seinen Militärdienst als Musketier in der Königlich Preußischen Infanterie ab.  Nach seiner Lehrzeit in Koblenz kehrte Hermann Alexander 1838 nach Erfurt zurück und übernahm dort eine mit einer Leihbibliothek verbundene Buchhandlung. 1839 heiratete er Therese Antonia Mayr.

Hermann Alexander von Berlepsch

Therese Antonia von Berlepsch

Hermann Alexander von Berlepsch

Therese Antonia von Berlepsch

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Das Gutenbergfest (1845), berichtet Hermann Alexander selbst weiter, trifft mich bereits als stillen Associé einer ehemaligen Erfurter Firma. Im Verlauf der folgenden Jahre gründete ich ein Lokalblatt, den "Erfurter Stadt- und Landboten", und da man mir in Preußen die Konzession zur Herausgabe einer politischen "Thüringer Zeitung" verweigerte, bewarb ich mich mit Erfolg um eine solche in dem nur vier Stunden von Erfurt entfernten Sondershausener Städtchen Arnstadt (ab 19.9.1847, bei Buchhändler F.Meinhardt, Ziegenhardt 1998, S.64, Burkhardt 1998, S.136). Diese beiden Blätter trieben mich jugendlichen Heißsporn unvermerkt ins Lager der Opposition. Zum Stadtverordneten von Erfurt gewählt griff ich der Verbesserung fähige Instutitionen und Zustände mit allzu ungestümer Heftigkeit an und machte mir dadurch mehr Feinde als Freunde. - Die Konsequenzen entwickelten sich. Im Jahr 1848 war ich ein so verbissener Revolutionär, daß ich nach dem Kartätschentage des 24.November flüchtig meine Heimat, mein Geschäft, meine Familie verlassen mußte und einer ungewissen Zukunft entgegen in die Schweiz ging. Hier auf dem Boden nüchterner Wirklichkeit in den republikanischen Zuständen, kam ich trunkener Schwärmer in einer ganz anderen Welt zu mir, als ich es erwartet hatte - und dieser Ernüchterungsprozess war das entscheidende Moment in meiner Schule des Lebens - es war der Wendepunkt, von dem der Berlepsch anfängt, welchen man heute kennt.

( siehe Chronik zu den Ereignissen 1848/49 im Königreich Preußen, Provinz Sachsen (Thüringen) )

Der Reformpolitik stand er abweisend gegenüber, was er auch dadurch zum Ausdruck brachte, daß der Volkstag, 8000 bis 10000 Teilnehmer, am 23.Juli 1848 auf der Festwiese unter der Kevernburg beim Rößchen oberhalb von Arnstadt einen Antrag an die Frankfurter Nationalversammlung formulierte, in welchem man um die Rücknahme aller Gesetze der letzten 30 Jahre bat (Thalmann 1929, S.29; Burkhard 1998, S.139,140).

Seine politischen Gegner waren zahl- und listenreich, was aus den schlichten obigen autobiographischen Zeilen nicht hervorgeht. Seine Gegner verwickelten ihn in viele ungerechtfertigte Anschuldigungen und willkürliche Prozesse mit erheblicher anhaltender Tragweite. Am 24.November 1848 wurde die "Thüringer Zeitung" (10000 Leser in 250 Ortschaften) verboten und Hermann Alexander steckbrieflich gesucht, seine Post abgefangen und schließlich sein Geschäft, Bibliothek und private Räume durch die preußische Polizei aufgebrochen und verwüstet. Nur wenige Stunden zuvor hatten ihm Freunde geraten das Land auf schnellstem Wege zu verlassen. Am 26.November 1848 suchte man ihn bei Tuchhändler Fritz Eberhardt in der Großen Johannisgasse, am 28.November bei dem Naturwissenschaftler Fabrikanten und Inhaber des Kurhauses im  Lohmühlenweg Gustav Heinrich Wühlem Ramann im Dorotheenthal. Ramann versteckte ihn in einer Hundehütte, die von einem scharfen Hund bewacht wurde. In aller Heimlichkeit und Eile ließ Ramann ihn, in einem Gemüsesack 1 ½ Stunden versteckt, auf einem Strohwagen über das Dortheenthal nach Bayern bringen. Eine Kette von Freunden, die ihn mit Unterkunft, Nahrung, Kleidung und Transport versorgten, halfen ihm über die Schweizer Grenze in Lindau/Bds nach Rorschach/Schweiz zu kommen.

Der deutsche Grenzbeamte bohrte ihn mit Fragen und wollte ihn nicht passieren lassen. Als Hermann Alexander, wohl überzeugend erklärte, dass er im diplomatischen Dienst unterwegs sei, lud ihn der Grenzbeamte zu sich nach Hause zum Übernachten ein. Diese freundliche Einladung konnte Hermann Alexander aus angeblich zeitlichen Gründen nicht annehmen, versprach aber ihn auf dem Rückweg zu besuchen. Was natürlich nie stattfand.

Mit Hilfe von Freunden in der Schweiz wurde er als ständiger Mitarbeiter an der Illustrierten Schweizer Zeitung engagiert, wurde mit der Ausarbeitung kleinerer Werke beauftragt und war ein gern gesehener Gast in literarischen Kreisen. Nun konnte Hermann Alexander seine tapfere Frau Therese und seine Kinder, die so lange nichts von ihm gehört hatten und ihn sehr vermissten, nachholen, eine schöne Logis in St.Gallen finden und eine neue Existenz aufbauen. Der Verlag Scheitlin und Zollikofer beauftragte ihn mit umfangreichen Arbeiten für die "Chronik der Gewerke" (11 Bände).

Mitten in diese regen Arbeiten fiel, wie eine Bombe, die behördliche Aufforderung, entweder das schweizerische Heimatrecht zu erwerben, oder weiter zu ziehen, ausgelöst und betrieben durch sehr schmerzhafte Verleumdungen eines Postbeamten, eines ehemaligen Deutschen. Zahlreiche Bemühungen, Empfehlungsschreiben, Bürgschaften und Petitionen seitens der Behörden, Ämter und einflußreicher Schweizer konnten den Bürgerrat der Stadt St.Gallen nicht umstimmen.

Dank einiger Empfehlungen aus der Stadt St.Gallen konnte Hermann Alexander Kontakte zu einflußreichen Personen in Graubünden aufnehmen, die ihm bei den aufwendigen Vorbereitungen zur Einbürgerung ganz wesentlich behilflich waren. Am 21.Juni 1851 erkannte der Große Rat des Kantons Graubünden ihm und seiner Familie das Bürgerrecht zu, nachdem nach langer Suche das damals noch selbständige kleine abgelegene Bündner Bergdorf Dutjen (Kirchengemeinde Valendàs) auf 1200 m Höhe, ein dutzend Häuser, ein paar Stunden bergauf von Ilanz, ihn und seine Familie als Bürger aufnahmen, gegen 300 Gulden, Bücher für die Schule und einen Umtrunk für die Dorfbewohner. Damit war endgültig entschieden, daß er seiner Heimat verlustig gegangen war und nie mehr nach Preußen zurückkehren könnte.

Hermann Alexander von Berlepsch 1877

Therese Antonia von Berlepsch  1877

Hermann Alexander
von Berlepsch
1877

Therese Antonia
  von Berlepsch  
1877

Das Schaffen des energischen und eigenwilligen Hermann Alexander war ungebrochen. In seinem Hause verkehrten Maler, Schriftsteller, Dichter und Historiker. Auf unzähligen Wanderungen durch die Schweizer Alpen erkundete er die Natur und die Menschen gründlich bis in Details. 

Seine Lebensmaxime war:   "Sehen und Erkennen" ,  der er konsequent folgte.

Von den vielen Veröffentlichungen sind besonders zu erwähnen

  • "Concordanz der poetischen National-Literatur der Deutschen" (1848)

  • das Standardwerk "Die Alpen in Natur- und Lebensbildern" (1861)

    fünf Auflagen, in mehrere Sprachen übersetzt, ein umfangreiches und spannend zu lesendes lebendiges Lehrbuch über die Alpen, ihre Geologie, ihre Pflanzen und Tiere und Schilderungen über die Menschen, ihr Leben und ihre Arbeit in den Alpen, mit vielen sachkundigen Detailangaben.

  • Schweizer Führer, "Reisehandbuch für die Schweiz" (1865)
    mehrere Auflagen, mit 23 Karten und Plänen, 10 Gebirgspanoramen und 38 Stahlstich-Illustrationen.

  • "BERLEPSCH PARISER FÜHRER"  illustrierte Ausgabe,

    Reisehandbuch für Paris zur Weltausstellung 1867,

    mit 4 Karten, 17 Plänen und 28 Ansichten in Stahlstich

    und einem Beiheft mit Specialkarten.

    Hildburghausen, Verlag des bibliographischen Institutes

    aus dem Jahr 1867

    gebunden, Größe ca. 12 x 18 cm, 680 Seiten.

  • sowie mehrere weitere Reiseführer.

Seine Tocher Goswina Maria von Berlepsch (1845 - 1916) wurde eine geschätzte Schriftstellerin.

Hermann Alexander von Berlepsch starb am 14.5.1883 in Zürich. Sein Sohn Hans Eduard von Berlepsch-Valendàs (Jugendstilarchitekt) nahm 1902 im Gedenken an die Ereignisse den Beinamen "Valendàs" an.

*  *  *

Die Zusammenarbeit Hermann Alexander von Berlepsch mit dem Bibliographischen Institut, Verlagshandlung von "Meyers Reisebüchern" in Hildburghausen, endete unfriedlich.

Sein Ur-Ur-Enkel Dr. Peter Berlepsch hat die Hintergründe detailliert erforscht und in einem spannend zu lesendem Buch "Zerwürfnis" publiziert (214 Seiten, mit Bildern, 2016, ISBN 3-9522840-4-1).

Das Vorwort zu diesem Buch dürfen wir hier wiedergeben.

Vorwort

Die Anfrage kam aus heiterem Himmel: Ob wir etwas über die Hintergründe der Auseinandersetzung zwischen Hermann Alexander von Berlepsch und dem Bibliographischen Institut wüssten? Eine Auseinandersetzung die anno 1872 in einer unfriedlichen Trennung endete und in der Folge in eine Konkurrenz führte. Für diese Frage interessierte sich im März 2012 brennend Werner Hauenstein, Autor der 1993 im Verlag Ursula Hinrichsen, Holzminden, veröffentlichten Bibliographie „Wegweiser durch Meyers Reisebücher“.

Unsere Antwort liess nicht lange auf sich warten und sie war abschlägig. Weder mein Vater, Klaus Berlepsch, Urenkel von Hermann Alexander, noch ich wussten etwas zu diesem Thema zu berichten. Leider waren auch die Aussichten nicht rosig, mehr darüber in Erfahrung zu bringen, denn in der Bestandesaufnahme unseres Familienarchivs fanden sich keine Hinweise auf eine entsprechende Korrespondenz.

Handelte es sich hier um einen Kriminalroman, so würden wir es Kommissar Zufall verdanken, in der Anfrage Hauenstein schlussendlich einen Schritt weitergekommen zu sein. Als im Herbst 2012 ein Konvolut Bücher aus dem Familienarchiv den Standort änderte, tauchte unerwartet eine Quelle mit dem verheissungsvollen Titel „Copier=Buch für den Briefwechsel mit dem Bibliographischen Institut“ auf. Sie stammt von Hermann Alexander von Berlepsch und betrifft die Zeit 1870-1872. Das musste einfach vielversprechend sein!

Das Sprichwort meint, auf Freud folgt Leid. Die Freude über den unverhofften Fund währte so lange, bis klar war, dass die im Copier=Buch enthaltene Information erst der Handschrift meines Urahns entlockt werden muss. Und das war, wie sich herausstellen sollte, nicht trivial, denn es handelt sich um über sechzig, in alter Deutscher Schrift vollgeschriebener A4 Seiten, die es zu entziffern galt.

Es folgten die Monate akribischer Transkription. Den Beginn machte Werner Hauenstein, der sich mit der alten Deutschen Handschrift auskennt. Er transkribierte den ersten Teil des Copier=Buchs und ermöglichte es mir so, durch Vergleich von Vorlage und Transkription die Handschrift Hermann Alexanders ebenfalls lesen zu lernen. In der Folge vermochte ich den restlichen Teil selber zu transkribieren, wobei wir uns mit Werner Hauenstein regelmässig austauschten, um die härtesten textlichen Nüsse gemeinsam zu knacken.

Lange bevor die letzte Seite transkribiert worden ist, war klar, worauf das Zerwürfnis zwischen Hermann Alexander von Berlepsch und dem Bibliographischen Institut gründete. An dieser Stelle soll aber nichts weiter verraten werden, um die Spannung der Lektüre aufrechtzuerhalten. Aber effektiv birgt die Geschichte das Potential für einen historischen Kriminalroman!

Um den Text in ein ansprechendes Format und in eine lesbare Form zu bringen, war eine ganze Reihe von redaktionellen Anpassungen nötig. Sie sind in einem der Anhänge genauer erläutert. Selbstredend wurde die heuer eher antiquiert anmutende Sprache belassen, weil sie einen reizvollen Teil des historischen Dokuments ausmacht. Hingegen wurden die zu Hauf abgekürzten Wörter in der Transkription allesamt ausgeschrieben und die ellenlangen Textpassagen sinnvoll in Absätze gegliedert, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Peter Berlepsch, Basel im Mai 2014


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