Erläuterung der Wappenteile

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Das Künstler-Stammbuch des
Gottlob Freiherr v.Berlepsch
(1786-1877)

Liebhaber aller Arten von Curiositäten.

Der folgende Text ist entnommen aus dem Begleitbuch zur Ausstellung im Frankfurter Goethe-Museum, anlässlich des Erwerbs und der Vorstellung diese Stammbuches (1983), sowie aus dem Lexikon zur Geschichte und Gegenwart der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Unter die bedeutenderen Erwerbungen des Freien Deutschen Hochstifts/ Frankfurter Goethe-Museums in neuerer Zeit gehört zweifellos die des Stammbuchs, das Gottlob Freiherr von Berlepsch führte und das 51 Eintragungen von mehr oder weniger bekannten Künstlern enthält. Als es 1980 bei Sotheby's in London versteigert wurde, galt die Hauptaufmerksamkeit jener Zeichnung Goethes aus dem Jahre 1781, deren Existenz bekannt, aber deren Verbleib unbekannt war. Mit Hilfe von fünf treuen Freunden unseres Instituts konnte es erworben werden.

"Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe" von Johann Wolfgang von Goethe

 

"Wasserfall bei der Wassermühle auf der Höhe"

(240 x 331 mm)

von

Johann Wolfgang von Goethe

 

Eine besondere Bedeutung erhielt aber dieses reizvolle Dokument künstlerischer Freundschaft noch dadurch, dass von meinem Vorgänger und seinen Mitarbeitern offenbar zum ersten Mal erkannt wurde, dass es Unbekanntes von Caspar David Friedrich enthielt: eine Zeichnung und einen aufschlussreichen Brief. Aber darüber hinaus vermitteln die anderen Beiträge ungeahnte Einblicke in Freundschafts- und Schaffensverhältnisse eines Malerzirkels um 1815. Der Ausschnitt scheint klein, aber das Stammbuch kann dem interessierten Betrachter zu einem geometrischen Ort in der Geschichte spätromantisch-biedermeierlicher Kunstübung werden.                                   Arthur Henkel

»Herr von Berlepsch, ein wunderlicher aber schätzbarer Liebhaber aller Arten von Curiositäten, hatte mich gestern besucht und theilte ein Stammbuch eines seiner Vorfahren mit aus der Mitte des dreißigjährigen Kriegs», notiert Goethe am 18. Oktober 1831 in sein Tagebuch und führt so in Zusammenhang mit einem Stammbuch die Gestalt des Freiherrn Gottlob von Berlepsch (1786-1877) ein.

Dem Stammbuch kommt in der Goethezeit eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Es wird bereits als aufschlussreiche Quelle betrachtet, noch wichtiger erscheint jedoch sein Wert als lebendige Erinnerung an die Zeitgenossen. Das "Album amscorum" ist ein Dokument der Freundschaft, des Andenkens an bestimmte Personen und Lebensstationen, daneben aber auch ein Kompendium von Autographen berühmter und hochgestellter Persönlichkeiten. In handlichem Queroktavformat gehalten, in Leder gebunden mit dem Namen des Besitzers, kann es auf Reisen mitgeführt werden, dient zur Legitimation und Empfehlung und ist stets zur Stelle, wenn es gilt, neue Eintragungen wie Texte, Sprüche, Gedichte, Zeichnungen oder anderes, versehen mit Datum und Unterschrift, aufzunehmen.

Wenn von Berlepsch in seinem Brief an Goethe die Namen der Künstler aufzählt, die in seinem Stammbuch vertreten sind, wählt er die besten und bekanntesten aus: Pahl, Friedrich, Klengel, Kügelgen und Naeke. Neben demjenigen Goethes verleihen ihre Beiträge dem Stammbuch seine eigentliche Bedeutung.

Ein Blick auf die Persönlichkeit und auf die Entwicklung des hessischen Erbkämmerers Gottlob Günther August Heinrich Karl Freiherr von Berlepsch aus dem Hause Seebach (Abb.) trägt dazu bei, die besondere Konzeption seines Stammbuchs zu erklären; dieses kann seinerseits herangezogen werden, um die Stationen seines Lebenswegs zu belegen. Er wurde 1786 als erster Sohn von Gottlieb Karl August Freiherr von Berlepsch auf Gut Seebach bei Großengottern im Kreis Langensalza geboren, wuchs in Göttingen bei der Großmutter und in einer Pensionsanstalt auf, trat 1793 in das Dresdner Kadettenhaus ein und kam 1802 als Fähnrich zu dem preußischen Infanterieregiment Graf von Wartensleben in Erfurt. 1806 geriet er nach der Schlacht bei Jena in französische Kriegsgefangenschaft. Seine militärische Laufbahn war damit zu Ende; nach dem Krieg nahm er seinen Abschied und begann in Wittenberg das Studium der Rechte.

Gottlob Freiherr v.Berlepsch (1786-1877)War sein Leben bis jetzt ganz in einer vorgezeichneten Bahn verlaufen, so trat nun eine deutliche Wendung ein. Er gab das Jurastudium nach kurzer Zeit auf und ging nach Dresden, um sich hier ganz der Kunst und der Kunstgeschichte zu widmen, einer Neigung, der er bis ins hohe Alter treu blieb. Er betätigte sich als Kunstkenner, Bibliophile, Sammler und zeichnete wohl selbst ein wenig. Insgesamt gesehen, war sein Verhältnis zur Kunst jedoch vorwiegend rezeptiv. Er pflegte den Umgang mit Künstlern überall, wo er sich gerade aufhielt, und diese Beziehungen dokumentiert sein Stammbuch, das ihn über 53 Jahre hinweg begleitete.

Nach seinem Studienaufenthalt in Dresden führte von Berlepsch von 1819 bis 1829 die Senioratsgeschäfte auf Gut Seebach und ordnete das Familienarchiv. 1830 nahm er in Stuttgart sein Kunststudium wieder auf. Danach bezeugen die Familienchronik und das Stammbuch häufig wechselnde Aufenthaltsorte, bis er sich 1865 endgültig in Großstöckheim bei Wolfenbüttel niederließ. 

Hier lernte ihn Otto von Heinemann kennen, Leiter der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, der ihm 1875 seine gesamte Sammlung und Bibliothek zu einem freundschaftlichen Preis abkaufen konnte, nachdem von Berlepsch zuvor ein respektables Angebot vom British Museum abgelehnt hatte. Gottlob von Berlepsch war wichtig, dass die Sammlungen nicht zerstreut werden.

Die umfangreiche Kunstsammlung umfasst  unter anderem 2.383 chronologisch geordnete Exlibris mir sehr frühen und bekannten Exemplaren, etwa 5.000 Drucker- und Verlegersignete aus dem 16. bis 18.Jhdt, bestehend aus abgetrennten Titelblättern, die nach Verlagsort und Drucker bzw. Verleger geordnet sind, etwa 5.000 Akzidenzdrucke des 19.Jhdt, mit Visitenkarten, Anzeigen, Prospekten, Plakaten etc. aus privaten und geschäftlichen Bereichen, sowie viele Tausend Buchdruckerzeichen, eine umfangreiche Initialensammlung bekannter Künstler, eine große Anzahl kunstvoller Einbanddeckel, ferner Urkunden, eine schöne ausgiebige Sammlung von Notariatsinstrumenten, die bis in das Jahr 1199 zurückreichen, ganze Folgen von Handzeichnungen, Kupferstiche aus allen Zeiten, alte Holzschnitte, Papierzeichen und vieles andere, sowie eine bedeutende Bibliothek an alten Büchern aller Art.

Die ausführlichste Schilderung von Berlepschs Persönlichkeit und von seinen Sammlungen hat Otto von Heinemann 1895 verfasst. 

Die Sammlungen werden heute in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel aufbewahrt. Sie sind vollständig (2442 Exponate) digitalisiert und sind unter www.virtuelles-Kupferstichkabinett.de, Suchbegriff Berlepsch Exlibris, auf 245 Seiten einsehbar.

Welchen Weg das Stammbuch nahm, geht aus von Heinemanns Bericht allerdings nicht hervor.

Gottlob Günther August Heinrich Karl Freiherr v.Berlepsch starb unbeweibt und ohne Kinder am 31.März 1877 in Groß-Stöckheim bei Wolfenbüttel und liegt dort auf dem Dorfkirchhof begraben.

 

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