Waschbären (engl. Raccoon) in Deutschland.
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Der
Nordamerikanische Waschbär (Procyon lotor) verbreitete sich nach Einbürgerung
(1934) in ganz Mitteleuropa; Länge rd. 50-70
cm, Schwanz etwa 20-25
cm lang, buschig, braun und schwarz geringelt; reibt seine Nahrung häufig mit
rollenden Bewegungen der Vorderpfoten auf einer Unterlage, manchmal auch im
flachen Wasser, nachtaktiv, liebt süßes Obst, Würmer und Insekten. Gewicht
bis 10 kg, Alter bis 15 Jahre, Ranzzeit Januar/Februar, ca. 4 Junge.
Ausgezeichneter Schwimmer, guter Kletterer.
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Wilhelm
Sittich Freiherr v.Berlepsch (1881 - 1948)
Forstmeister
in Vöhl / Edersee und Hauptmann der Land-Jäger a.D.
war
als Militärattaché in Kanada eingesetzt und lernte dort die Waschbären
kennen.
Waschbärfelle
waren in den 20ziger Jahren ein begehrter Modeartikel. Es gab in Deutschland
mehrere Zuchtfarmen für Waschbären. Am 8.Februar 1934 schrieb der Geflügelzüchter
und Kreisjägermeister R.Haag an den Forstmeister v.Berlepsch, daß er auch
Waschbären in seiner Zuchtfarm habe und ihm zur Bereicherung der Fauna gerne 4
Exemplare zur Verfügung stellt. Forstmeister v.Berlepsch waren Waschbären
vertraut und so stellte er beim Reichsjägermeister Hermann Göring in Berlin
einen Antrag diese Tiere aussetzen zu dürfen. Die Genehmigung traf am 28.April
1934 ein.
Forstmeister
v.Berlepsch konnte jedoch das Eintreffen der Genehmigung nicht abwarten, weil
eine Bärin trächtig war. Am 12.April 1934 morgens um 9 Uhr brachte
Forstamtschauffeur Wilhelm Krauskopf per Lastwagen 2 Kisten mit 2 Waschbärpärchen
ins Revier Asel. Haumeister Adam Rikus und Waldarbeiter Wilhelm Behr luden die
Kisten ab und öffneten sie im Beisein des Forstamtsleiters v.Berlepsch und des
Revierförsters Treusicke, aber die Waschbären nahmen keine Notiz von der
Aktion und wollten die Kisten nicht verlassen. Am nächsten Morgen waren die
Kisten leer. Die 2 Waschbären-Pärchen hatten sich auf den Weg gemacht eine
Waschbärenpopulation in Deutschland zu begründen.
Die
Beobachtung der Tiere gestaltete sich als ausgesprochen schwierig und nach 3
Monaten erfolglos, da sie sehr heimlich und nachtaktiv waren. Ein Tier wurde tot
ertrunken aufgefunden und die anderen 3 nicht mehr gesehen. Sie waren über
Jahre wie verschwunden.
1945
sind durch den Zusammenbruch der Infrastruktur zahlreiche Tiere aus Pelzfarmen in Hessen, Rheinland-Pfalz,
Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen, Thüringen und im Großraum Berlin in die
freie Wildbahn gelangt.
Alfons
Heimbach, ein 14jähriger Bub einer Försterfamilie aus Laasphe im
Wittgensteiner-Land, wußte, daß Waschbären sehr heimlich sind. Deshalb war er
besonders stolz, als er 1962 eines Nachts aus dem Fenster des
Internat-Schlafsaals mit der Taschenlampe einen Waschbären beobachten konnte,
der sich an den Mülltonnen des Internats zu schaffen machte. Als keiner ihm
glaubte was er gesehen hatte, besorgte er sich beim Forstamt die Genehmigung
Waschbären mit einer selbstgebauten Lebendfalle fangen zu dürfen. Kurz vor dem
Abitur wurde er beim Wettbewerb "Jugend forscht " mit
einer Arbeit über Waschbären zweiter Landessieger. Seine
forstwissenschaftliche Diplomarbeit hat der spätere Förster in Minden (später
Forstamtsleiter in Attendorn) ebenfalls den Waschbären gewidmet. Ob der Waschbär
schädlich oder nützlich ist, ist für Heimbach keine Frage: "Die Waschbären
haben sich in Deutschland eingelebt und sind aus der hiesigen Fauna nicht mehr
wegzudenken."
In
den 70ziger Jahren hat sich die Zahl der Waschbären in kurzer Zeit verdoppelt.
1979 wurde ihre Zahl auf 200 000 in Deutschland geschätzt. Aus Gründen des
Gleichgewichtes wird der Waschbär seit 1973 bejagt und ist der private Fang
verboten. Bis dahin waren Waschbären geschont und ihre Bejagung verboten. Er
greift niemals an, aber weiß sich selbst gegen geübte Jagdhunde sehr
wirkungsvoll durch Kratzen und Beißen zu verteidigen.
Zur
Frage, ob er Schaden anrichtet oder nicht, hat die Biologin Dr. Walburga Lutz in
ihren Untersuchungen festgestellt, daß sich der Waschbär lieber in bewaldeten
und wasserreichen Mittelgebirgen aufhält. Er ist ein Allesfresser und ein
schlechter Jäger. Er ist zu tapsig sich anzuschleichen und hat selbst mit
jungen Mäusen und kranken Fröschen seine liebe Not. Seine Hauptnahrung ist
vegetarische Kost, wie Obst, Kastanien, Getreide, ganz besonders Kirschen, sowie
Würmer und Insekten. Gelegentlich, wenn es ihm gelingt (weil die Tiere krank
oder tot sind), frißt er auch Mäuse, Frösche (unter 10 %) und Kleinvögel
(unter 5 %). Heute, nach vielen Jahren der Beobachtung, kann man keinen
Unterschied im Wildbesatz zwischen Gebieten mit oder ohne Waschbären
feststellen.
Da
der Waschbär die Angewohnheit hat seine Nahrung mit seinen feinfühligen langen
Fingern abzutasten, bevor er sie verspeist, nannten die Indianer ihn "aracun"
(Kratzhändchen). Und da er dies gerne in Wasser tut gaben ihm die Deutschen den
Namen "Waschbär".
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