Der erste Erbkämmerer
von Hessen
war Ritter Arnold von Berlepsch (1369). Seit
dieser Zeit ist dieses Amt bis heute immer in der Familie der
Freiherrn von Berlepsch verblieben.
Karl I.,der Große (lat. Carolus Magnus, frz.
Charlemagne), König der Franken (768-814),
Röm.Kaiser (800-814), Rex Langobardorum, * 2.4.747, in Aachen 28.1.814;
Sohn Pippins III. d.J.
stärkte die Rechtsordnung und Zentralgewalt durch das Amt der "Königsboten",
die die Amtsführung der Grafen in seinem großen Herrschaftsbereich
regelmäßig überwachten.
Als
"Königsboten" hat er ausgesuchte treue und fähige Herrscher
von großen Teilbereichen seines Kaiserreiches ernannt. Damit hat er
erreicht, dass zumindest diese "Königsboten" in ihren eigenen
Gebieten kaisertreu zu handeln hatten, wenn sie in den Genuss der damit
verbundenen Vorteile kommen und nicht empfindliche Nachteile erleiden
wollten.
Otto I., der Große, König (seit 936), Kaiser
(seit 962), * 23.11.912, in Memleben
7.5.973 setzte diese Entwicklung fort und
weitete sie auf kleinere Einheiten aus. Dabei vergab er solche Ämter
auch an hohe kirchliche Würdenträger. Damit sicherte er sich das
Wohlwollen und die Unterstützung der römisch katholischen Kirche zu, die
als einzige Institution in Europa über eine funktionierende Infrastruktur
bis in die kleinste Gemeinde verfügte.
Im Bereich der
Hofhaltung (Staatsapparat) führte er folgende Ämter ein:
-
Der Marschall war verantwortlich für
die Leitung und Überwachung des gesamten Transportwesens, denn der
Staatsapparat war ständig auf Reisen, sowie für militärische Aufgaben
im Verteidigung- oder erforderlichem Machtdurchsetzungsfall.
-
Der Mundschenk
war verantwortlich für die königlichen Weinberge, bzw. Weinkeller,
somit für die gesamte Versorgung mit Getränken, deren Auswahl
beschränkt war.
-
Der Kämmerer
war verantwortlich für die Finanzen und die Dienerschaft. Er wurde
häufig als Vertreter des Dienstherrn zu Verhandlungen,
Staatsgeschäften, Schlichtungen, u. a. beordert.
-
Der Truchseß
war verantwortlich für das Küchenwesen, die Hofverwaltung und die
innere Sicherheit. Mangelnde Hygiene und verdorbene Speisen waren eine
ständige Gefahr mit damals noch unheilbaren Folgen.
Friedrich I. Barbarossa (Rotbart), Röm. König (1152),
Kaiser (1155-90), *Waiblingen (?) 1122, + (ertrunken) im Saleph (heute Göksu, Türkei) 10.6.1190; Staufer, 1155 Kaiserkrönung in Rom,
weitete diese Organisationsform weiter aus in dem er obige Amtsinhaber zu
Erzmarschall, Erzschenk, Erzkämmerer und Erztruchseß ernannte und ihnen gestattete bewährte und renommierte untergeordnete Amtsinhaber zu benennen,
die sie bei der Wahrnehmung der umfangreichen Aufgaben unterstützten und
vertraten. Diese untergeordneten
Amtsinhaber waren ausgesuchte bewährte Männer aus erfolg- und
einflussreichen Familien und wurden Erbmarschall, Erbschenk,
Erbkämmerer und Erbtruchseß genannt. Das Amt war in der Familie
vererbbar und ging meist an den ältesten und erfahrendsten dieser
Familie. Damit wurde erreicht, dass hinter diesem Amt nicht nur eine
einzelne Person, sondern die gesamte Familie mit ihrem Einfluss und
Vermögen stand. Aus
Gründen der Machtdarstellung und um sicherzustellen, daß diese
Amtsinhaber auch persönlich ansprechbar und greifbar waren mussten Sie
bei bedeutenden Anlässen bestimmte festgelegte protokollarische
Aufgaben übernehmen (Ehrendienste). In
der Folgezeit suchten zuerst geistliche und anschließend weltliche
Stände des Reiches ihren jeweiligen Staat gleichfalls nach dem Beispiel
des kaiserlichen Hofes einzurichten. Im
Falle der Landgrafschaft Hessen bestimmten die Landesherren
folgende Familien:
-
Erbschenk Guntram Schenck zu Schweinsberg (um das Jahr 1244
durch Hermann II. Landgraf von Hessen.)
-
Erbmarschall Heinrich I. von Eisenbach (1343 durch
Heinrich II.
Landgraf von Hessen).
-
Erbkämmerer Ritter Arnold von
Berlepsch (1369 durch Heinrich II.,
Landgraf von Hessen).
-
Erbküchenmeister Freiherrn von Dörnberg (1732 durch
Ernst Ludwig,
Landgraf zu Hessen).
Im Mittelalter
wurde die fachliche Arbeit mehr und mehr durch angestellte bezahlte
Beamte ausgeführt, sodass sich die Tätigkeiten der Amtsinhaber auf die
Aufsicht über Kämmerer, Kammerherrn, Kammerjunker sowie die fürstlichen
Gemächer und die Garderobe, überhaupt alles was nicht ausdrücklich in den
Tätigkeitsbereich eines anderen Hofbeamten gehörte und auf repräsentative Hofdienste
reduzierte. So
oblag nebst anderen Aufgaben gemäß Lehnsbrief vom Mittwoch nach dem
Sonntag Invocavit (1. Sonntag nach Aschermittwoch) anno 1522 zu Zeiten des Landgraf Philipp von Hessen dem
Erbkämmerer die Aufgabe sich vor dem Brautbett davon zu überzeugen, dass hessische Fürsten oder Fürstinnen in der Hochzeitsnacht ehelich
schliefen und nicht eine Tochter oder Schwester belegten. Dieses sehr
alte Recht wurde an den meisten Höfen in ähnlicher Form vollzogen. An
manchen Orten sogar öffentlich auf dem Marktplatz nach der kirchlichen
Trauung. Dafür
erhielt der Erbkämmerer 20 Gulden pro Einsatz (ca. Wert von 20
Hausschweinen), sowie als Erblehen das Dorf Ungeridden mit aller
seiner Zugehörungen und 10 Pfund Gelts alter Währung zum Borckharts im
Gericht zu Nidda. Die Familienchronik berichtet leider nicht, ob der
Erbkämmerer jemals zum Einsatz kam. Aber zumindest blieb ihm und seinen
Nachfolgern das Erblehen. Die
letzten Erbkämmerer-Lehensbriefe zu Gunsten der Familie von Berlepsch
stammen aus den Jahren 1869 und 1894. Nach Annektion des Kurfürstentum
Hessen-Kassel hat das Königreich Preußen die alten Erbämter und Lehen
bestätigt und auch die Neubelehnung im Erbfall bürokratisch genau
durchgeführt. So hat Graf Karl von Berlepsch am 28.4.1915 einen sogenannten
Muthschein (Anwartschaftsbestätigung) erhalten. Seit den politischen
Umwälzungen nach 1918 wird das Amt durch den von Berlepsch Familienverband
gemäß den alten Regeln ohne Rechte vergeben und der Althessischen
Ritterschaft mitgeteilt.
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